Erkrankungen der Rotatorenmanschette
Die Rotatorenmanschette besteht aus 4 zusammenhängenden Muskeln, die vom Schulterblatt zum Oberarmkopf ziehen und dort mit ihren Sehnen ansetzen. Sie hebt den Arm seitwärts nach oben und nach oben, dreht ihn nach außen und innen und stabilisiert gleichzeitig das Gelenk.
Abb. 1: Die Rotatorenmanschette und ihr Aufbau in Schichten (linke Schulter von der Seite gesehen).
Abb. 2: Die Rotatorenmanschette umschließt dem Oberarmkopf wie eine Kappe. Wenn diese reißt, verschiebt sich der Kopf allmählich nach oben und gerät mit dem Schulterdach in Konflikt. Zwischen der Rotatorenmanschette und dem schulterdach (Akromion) befindet sich ein wichtiger Gleitraum (=subakromialer Spaltraum) in dem sich ein Schleimbeutel befindet der sich leicht entzünden kann (=Bursitis).
Subakromiale Schmerzsyndrome
Subakromiale Schmerzsyndrome
Subakromiale Schmerzsyndrome und Läsionen der Rotatorenmanschette gehören zu den häufigsten und sozioökonomisch relevantesten muskuloskeletalen Erkrankungen. Oft werden sie in den Büchern noch als „Periarthritis humeroscapularis“ oder auch „Impingement-Syndrom“ bezeichnet.
Bei chronischen Schmerzzuständen und Entzündungen des Schleimbeutels im Subakromialraum ist meistens die Rotatorenmanschette in Mitleidenschaft gezogen.
Die erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung wird aus folgenden Zahlen deutlich: Die Häufigkeit neu auftretender Schulterschmerzen (bevorzugt im 4.-5. Jahrzehnt) wird in Mitteleuropa mit ca. 15-30% angegeben. Damit sind diese nach den Kreuzschmerzen die 3.-häufigste Lokalisation überhaupt.
Impingement-Syndrom
Impingement-Syndrom
Unter dem Begriff Impingement-Syndrom versteht man die Zusammenfassung unterschiedlicher Ursachen, welche das Gleiten der Rotatorenmanschette unter dem Schulterdach behindern. Ursache dieser Störung kann z.B. eine Formveränderung des Schulterdaches sein. Auch Knochensporne am Schultereckgelenk (Acromioclaviculargelenk, kurz: AC-Gelenk), als Folge einer Arthrose, können zu einer Einengung des subakromialen Raumes und somit zum mechanischen Konflikt führen. Des Weiteren können von der Sehne ausgehende Veränderungen, wie z.B. die Kalkschulter (Tendinosis calcarea) das Gleiten der Sehne unter dem Schulterdach verhindern. Das ständige Reiben der Sehne am Knochen bewirkt eine Schädigung (sog. Tendinopathie), die bis zum vollständigen Reißen der Sehne führen kann.
Behandlungsziel:
Lässt sich die Symptomatik mit konservativen Maßnahmen nicht bessern, kann ein operativer Eingriff angezeigt sein. Ziel der operativen Behandlung ist eine Entfernung des entzündeten Schleimbeutels und das Wiederherstellen des freien Gleitens der Sehne unter dem Schulterdach, um eine weitere Schädigung der Sehne zu verhindern.
Operationstechnik:
Therapie der Wahl ist bei uns die endoskopische subakromiale Dekompression (ESD). Bei diesem (geschlossen) Eingriff wird nach einer Spiegelung des Gelenkes unter Video-Kontrolle der subakromiale Gleitraum durch die Entfernung der entzündeten Weichteile und knöchernen Einengungen unter dem Schulterdach mit Hilfe einer motorgetriebenen Präzisionsfräse und einer Thermokoagulationssonde erweitert. Dazu werden lediglich Stichinzisionen der Haut angelegt, um das Arthroskop und die benötigten Werkzeuge einzubringen.
Bei diesem endoskopischen Eingriff kann auch die schmerzhafte Arthrose im AC-Gelenk durch Entfernung von 5-10 mm Knochen im ehemaligen Gelenkspalt behandelt werden.
Diese AC-Resektion kann in bestimmten Fällen (z.B: nach Frakturen und ausgeprägten Wucherungen des Knochens) schonender und gründlicher offen ausgeführt werden.
Nachbehandlung:
Ab dem ersten Tag nach der Operation darf der Arm nach Entfernung der Drainage im schmerzfreien Bereich unter krankengymnastischer Anleitung bewegt werden. Dies ist notwendig um Verklebungen und Verwachsungen vorzubeugen.
Die Rückkehr an den Arbeitsplatz ist meistens nach 2-4 Wochen möglich. Bei Patienten mit schwerer körperlicher Arbeit oder vorwiegend Überkopfarbeit verlängert sich die Rehabilitationsphase auf ca. 6 Wochen.
Mit Eintritt der Arbeitsfähigkeit ist in der Regel auch eine Wiederaufnahme der Freizeitaktivitäten möglich. Der Zeitpunkt der Wiederaufnahme von Sportarten sollte der individuellen Belastung für die Schulter angepasst werden.
Rekonstruktion der Rotatorenmanschette
Rekonstruktion der Rotatorenmanschette
Durch ein Unfallereignis oder aber durch zunehmenden Verschleiß infolge hoher mechanischer Beanspruchung kann es zu einem Riss einer oder mehrerer Sehnen kommen. Die Häufigkeit von Rotatorenmanschetten-Defekten steigt mit zunehmendem Alter, so dass man früher annahm, dass diese Erkrankung einen altersbedingten Verschleiß darstellt, der keiner besonderen Behandlung bedarf.
Die Ausprägung der Schäden reicht dabei vom partiellen (=teilweisen) Sehnendefekt bis zum massiven Abriss mit fortgeschrittener fettiger Degeneration (Umwandlung) der Muskulatur und sekundärer Omarthrose (Verschleiß des Schultergelenkes). Daher muss die Palette der Behandlungsverfahren alle Möglichkeiten der konservativen Therapie, der verschiedensten endoskopischen (=im Gelenk auch: arthroskopischen) Verfahren, offenen Rekonstruktionen und Muskeltranspositionen bis zum künstlichen Gelenkersatz beinhalten.
Das Operationsverfahren der Wahl bei wenig fortgeschrittenen, kompletten Sehnendefekten/Rissen stellt derzeit die lokale Rekonstruktion (Naht) mit Ausschaltung aller beteiligten Schmerzquellen im benachbarten Gleitraum und dem Gelenk dar. Auch wenn beschwerdearme Verläufe bei kleineren Sehnendefekten möglich sind, ergibt sich aus dem möglichen Fortschreiten zu irreparablen Defektzuständen nahezu zwangsläufig die Forderung nach einer frühzeitigen Diagnostik und operativen Rekonstruktion, vor allem dann, wenn ein Trauma (=Unfall) die Ursache ist und das Lebensalter unter 60 ist. Bei älteren Menschen ist man aufgrund der höheren OP-Risiken und geringeren Funktionsansprüche etwas zurückhaltender.
Vor der Operation muss an der Schulter eine sehr subtile klinische Diagnostik durchgeführt werden, da an diesem Gelenk viele Strukturen eng aneinander liegen und sich die Beschwerdebilder stark überschneiden können. Individuell abgestuft müssen im Vorfeld der Operation bildgebende Diagnoseverfahren wie die Sonografie (=Ultraschalluntersuchung), Röntgen und Kernspintomografie durchgeführt werden, um die optimale Therapie auszuwählen. In der Klinik für Schulterchirurgie in Bad Neustadt wird insbesondere die Ultraschalluntersuchung und Röntgendiagnostik vor Ort durchgeführt. Für besondere Fragestellungen besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Klinik für Radiologie in Bad Neustadt / Saale.
Behandlungsziel:
Ziel der operativen Behandlung ist die Wiedererlangung der Kraft und Beweglichkeit sowie die Schmerzausschaltung. Das operative Vorgehen richtet sich nach der individuellen Situation. Je nach Lokalisation, Ausmaß und Alter des Risses wird eine Naht bzw. Refixation der Sehne am Oberarmknochen in arthroskopischer oder offener Technik angestrebt. Kann der Riss nicht arthroskopisch genäht werden, muss auf ein offenes Verfahren ausgewichen werden. Zusätzlich wird oft der Raum unter dem Schulterdach erweitert (=Akromioplastik), da ansonsten die Nahtstelle unter dem Schulterdach aufgerieben wird.
Fälle mit veralteten Rupturen, bei denen bereits eine fettige Degeneration (=Umwandlung) der beteiligten Muskulatur eingetreten ist sowie eine verminderter Sehnenqualität vorliegt, können durch ein arthroskopisches Debridement (Reinigung) versorgt werden, wenn nur eine Verminderung der Schmerzen gewünscht wird.
Hat sich die gerissene Sehne so weit zurückgezogen, dass sie nicht mehr am Oberarmkopf fixiert werden kann und hat sich der dazugehörige Muskel zurückgebildet, so kann eine muskuläre Ersatzoperation versucht werden. Insbesondere bei jüngeren, körperlich aktiven Menschen, die auch eine Verbesserung an Kraft und aktiver Beweglichkeit wünschen, kann diese aufwändige Operation, eine Transposition (=Verlagerung) z.B. des Latissimus dorsi-Muskels, sinnvoll sein.
In der Klinik für Schulterchirurgie werden offene und arthroskopische Rekonstruktionen der Rotatorenmanschette aller Schweregrade bis hin zu Muskeltranspositionen durchgeführt. Der Krankenhausaufenthalt beträgt für die arthroskopische oder offene Rotatorenmanschettennaht je nach erforderlicher Nachbehandlung und Schwere des Eingriffes zwischen 2 Tagen und bis zu 2 Wochen.
Im Endstadium der Defektarthropathie (endgradiger Verschleiß mit Arthrose) bleibt nur der künstliche Gelenkersatz, für den neuerdings Spezialprothesen („Inverse Schulterprothesen“, s. u.) zur Verfügung stehen.
Nachbehandlung:
Nach einer Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion ist eine Lagerung des Armes in einem Abspreizkissen für ca. 4-6 Wochen zu empfehlen. Bei großen, ausgedehnten Rissen, die eine Muskelversetzung (Transposition des M. Latissimus dorsi oder Pectoralis major) erfordern, wird meist ein spezieller, individuell gefertigter Kunststoffverband angelegt.
Um die Heilung und Regeneration optimal zu gewährleisten, ist auch außerhalb der Klinik eine intensive, den jeweiligen Phasen angepasste Physiotherapie notwendig. Die Dauer liegt zwischen 10 und 16 Wochen, nach Muskeltransposition auch bis zu 6 Monaten.
Jeder Patient erhält dafür bei der Entlassung eine klare, stadiengerechte Empfehlung in schriftlicher Form von unseren Physiotherapeuten.
Arbeitsunfähigkeit:
Bei Büro-, Lehr-, Management- oder ähnlicher Tätigkeit ist die Rückkehr in den Arbeitsprozess nach 3 - 6 Wochen realistisch. Patienten mit Muskeltransfer sollten eine Arbeitsunfähigkeit von ca. 2-3 Monaten einplanen. Bei Patienten mit körperlich schwerer Arbeit ist abhängig von dem jeweiligen Belastungsprofil eine Rehabilitationszeit über mehrere Monate einzuplanen. Das Führen eines Fahrzeuges sollte frühestens nach 6 Wochen erfolgen.
Erkrankungen der langen Bizepssehne
Erkrankungen der langen Bizepssehne
Die lange Bizepssehne unterliegt durch Ihren Verlauf durch den Gelenkraum einer besonderen mechanischen Belastung mit dem Risiko einer schmerzhaften Auffaserung und Einklemmung bis zum Abriss. Sie entspringt am Oberrand der Schultergelenkpfanne, verläuft über der Oberfläche des Oberarmkopfes, tritt in einem faserknorpeligen Ring („Pulley“) durch die Rotatorenmanschette und geht auf dem Weg zum Ellenbogen in Höhe des Oberarmknochens in den Muskelbauch über. Da der Bizeps-Muskel mit zwei Sehnen entspringt, kann auf die lange Sehne bei wenig sportlich aktiven Menschen durchaus verzichtet werden.
Die rein entzündliche Erkrankung der langen Bizepssehne kann konservativ behandelt werden. Der isolierte spontane Riss der langen Bizepssehne beim älteren Menschen verläuft oft wenig schmerzhaft und muss daher nicht operativ behandelt werden.
Im Zusammenhang mit anderen Schultergelenkserkrankungen findet man häufig Schädigungen und Teilrisse der langen Bizepssehne. In diesem Fall kann eine Durchtrennung oder Fixation (Tenodese) der Sehne notwendig werden. Wird die Sehne nur durchtrennt (Tenotomie), rutscht sie in ihren knöchernen Kanal herab und verwächst dort mit dem umgebenden Gewebe. Beim älteren Patienten ohne Kraftanspruch reicht oft die alleinige Durchtrennung. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit die Sehne am Ansatz zu durchtrennen und am Knochen zu fixieren (Tenodese). Seltener kommt es zur sog. SLAP- Läsion, einer Ablösungen des Ursprungs (Anker der langen Bizepssehne) vom Pfannenrand, der bevorzugt arthroskopisch refixiert werden kann.
Stationäre Behandlung:
Die Dauer der stationären Behandlung liegt bei ca. 2 -5 Tagen, je nach Umfang des Eingriffes.
Nachbehandlung:
Nach kurzfristiger Ruhigstellung der Schulter (in der Regel 24 Stunden) wird das Schultergelenk frühzeitig physiotherapeutisch behandelt. Bei der Bizepssehnen-Tenodese darf für 6 Wochen keine größere Anspannung des Bizepsmuskels erfolgen. Nach dem SLAP-Repair wird der Arm für 3 Wochen in einem Abspreizkissen ruhiggestellt. Die Therapiezeit liegt hier zwischen 10-12 Wochen. Ein sportspezifisches Training kann frühestens 12 Wochen nach dem SLAP-Repair aufgenommen werden.
Arbeitsunfähigkeit:
Wenn keine körperlich belastende berufliche Tätigkeit vorliegt, ist die Rückkehr in den Arbeitsprozess nach 3 - 6 Wochen realistisch. Bei Patienten mit körperlich schwerer Arbeit ist die volle Rehabilitationszeit einzuplanen. Das Führen eines Fahrzeuges sollte frühestens nach 6 Wochen erfolgen.
Arthroskopische Ausräumung von Kalkdepots
Arthroskopische Ausräumung von Kalkdepots
Die Sehnenverkalkung (=Tendinosis calcarea) wird definiert als Kalkeinlagerung in die Sehnen der Rotatorenmanschette. Am häufigsten ist davon die Supraspinatussehne betroffen. Die Erkrankung tritt häufig im 4. und 5. Lebensjahrzehnt auf und betrifft vorwiegend Frauen.
Typischerweise finden sich wechselnde Phasen vollkommener Schmerzfreiheit und hochakuter Schmerzhaftigkeit, die durch wiederholte Versuche des Organismus zur Auflösung dieser Kalkdepots bedingt sind.
Behandlungsziel:
Ziel der konservativen Behandlung (z.B. Injektionsbehandlung, lokale Umflutung, Stioßßwelenbehandlung, Physiotherapie) ist die Schmerzlinderung. Ist das mit Hilfe dieser Maßnahmen nicht zu erreichen, ist die operative Entfernung des Kalkdepots zu empfehlen.
Operationstechnik:
Die operative Entfernung des Kalkdepots erfolgt bevorzugt endoskopisch (geschlossen). Zunächst wird bei der Spiegelung des Subakromialraumes das Kalkdepot lokalisiert, indem man mit einer Nadelspitze die Rotatorenmanschette "abtastet", bis sich in der Nadelspitze Kalk befindet. In diesem Bereich wird die Sehne mit einem Skalpell in Faserrichtung eingeschnitten. Hierbei kommt es bereits zu einer Entleerung des Kalkdepots. Mit einem scharfen Löffel und motorbetriebenen Instrumenten wird der sichtbare Kalk entfernt. Der Schnitt in der Sehne wird meist belassen, da die Heilungstendenz gut ist. Größere Substanzverluste werden endoskopisch übernäht.
In Abhängigkeit vom Röntgenbild, von den Beschwerden und vom intraoperativen Befund muss anschließend in Ausnahmefällen (deutliche Enge des Subakromialraumes) eine zusätzliche endoskopische subakromiale Dekompression (ESD) durchgeführt werden.
Nachbehandlung:
Ab dem ersten Tag nach der Operation darf der Arm im schmerzfreien Bereich unter physiotherapeutischer Anleitung bewegt werden. Dies ist auch notwendig um Verklebungen und Verwachsungen vorzubeugen.
Die Rückkehr an den Arbeitsplatz ist nach 3-4 Wochen möglich. Bei Patienten mit schwerer körperlicher Arbeit oder vorwiegend Überkopfarbeit verlängert sich die Rehabilitationsphase auf ca. 6 Wochen. Der Zeitpunkt der Wiederaufnahme der individuellen Sportart sollte unter Berücksichtigung der spezifischen Belastung für den Schultergürtel festgelegt werden.