Herzunterstützungssysteme
Etwa eine Million Menschen in Deutschland leiden an einer schweren Herzmuskelschwäche. Diese kann akut durch einen Herzinfarkt, im Rahmen einer Herz-OP oder einer akuten Entzündung auftreten. Häufiger aber ist die chronische Herzinsuffizienz, die trotz optimaler Therapie mit Medikamenten in ein Herzversagen übergehen kann. Die Herzchirurgie hat hier chirurgische Lösungen entwickelt, u.a. ein Herzunterstützungssystem, das sogenannte Kunstherz.
In Bad Neustadt verfügen wir über verschiedene Systeme für den akuten Notfall. Bei akutem Herz- oder Lungenversagen steht eine speziell ausgerüstete Herz-Lungen-Maschine zur Verfügung.
Zur fortgeschrittenen bis Endstage Herzinsuffizienz haben wir in unserer Klinik im Jahr 2006 ein spezielles Programm etabliert. Jährlich bekommen bei uns etwa 20 Patienten ein Herzunterstützungssystem. Mit einem Herzunterstützungssystem können Patienten bis hin zur Transplantation geführt werden. Hier arbeiten wir mit dem Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen zusammen.
Unseren Info-Film zu Herzunterstützungssystemen finden Sie hier.
Was ist ein Herzunterstützungssystem oder VAD?
Was ist ein Herzunterstützungssystem oder VAD?
Ein Herzunterstützungssystem oder VAD ist eine mechanische Pumpe, die das Herz unterstützt, wenn es krankheitsbedingt zu sehr geschwächt ist. VAD steht für Ventricular Assist Device und heißt aus dem Englischen übersetzt Herzunterstützungssystem. Es wird umgangssprachlich auch als Kunstherz bezeichnet.
Wie funktioniert das VAD/Kunstherz?
Wie funktioniert das VAD/Kunstherz?
Das Herz des Patienten bleibt im Körper und das VAD/Kunstherz wird in die Herzkammer (Ventrikel) eingesetzt. Das Gerät befördert das Blut über einen kleinen Schlauch aus dieser unteren Herzkammer in eine Pumpe. Ein zweiter Schlauch transportiert das Blut aus der Pumpe in den Gefäßkreislauf und damit zu den lebenswichtigen Organen – genau so, wie ein gesundes Herz dies tun würde. Die modernen VAD-Systeme haben eine hohe Haltbarkeit und unterliegen praktisch keinem mechanischen Verschleiß.
LVAD und RVAD
LVAD und RVAD
Es gibt zwei Grundtypen von Herzunterstützungssystemen:
- linksventrikuläre Unterstützungssysteme (LVAD)
- rechtsventrikuläre Unterstützungssysteme (RVAD).
Ein linksventrikuläres Unterstützungssystem wird in die linke Herzkammer eingesetzt und pumpt das Blut von dort in die Aorta. Die Aorta ist die Hauptschlagader, die sauerstoffreiches Blut vom Herzen zum Körper transportiert. In den meisten Fällen reicht es aus, die Pumpfunktion der linken Herzkammer zu unterstützen. Deshalb ist das LVAD das am häufigsten eingesetzte Herzunterstützungssystem.
Ein rechtsventrikuläres Unterstützungssystem wird in die rechte Herzkammer implantiert und pumpt das Blut in die Pulmonararterie. Das ist das Gefäß, das sauerstoffarmes Blut aus dem Herzen in die Lunge führt, um es mit Sauerstoff anzureichern. RVADs werden in der Regel nur für die kurzfristige Unterstützung des rechten Ventrikels eingesetzt.
Beide Typen der Herzunterstützungssysteme können auch gleichzeitig verwendet werden. Man bezeichnet dies dann als ein biventrikuläres Unterstützungssystem (BIVAD).
Wann wird ein VAD eingesetzt?
Wann wird ein VAD eingesetzt?
Ein VAD wird zur Unterstützung des Herzens eingesetzt
- während oder nach der Operation, bis sich das Herz erholt (Bridge to recovery / Überbrückung bis zur Erholung)
- während der Wartezeit auf eine Herztransplantation (Bridge to transplant / Überbrückung bis zur Transplantation)
- als Langzeittherapie, wenn der Patient nicht für eine Herztransplantation in Frage kommt (Destination therapy / Langzeittherapie).
Inzwischen werden moderne VAD-Systeme weitaus häufiger eingesetzt, als Herztransplantationen durchgeführt werden. In Bad Neustadt implantieren wir jedes Jahr zahlreiche Herzunterstützungssysteme. Selbstverständlich betreuen wir unsere Patienten bei regelmäßigen Nachuntersuchungen in der Klinik. Die Therapie der schweren Herzleistungsschwäche mit VAD-Systemen sehen wir als wichtigen Baustein, der von unserem spezialisierten Expertenteam betreut und weiter entwickelt wird.
VAD als Langzeittherapie
VAD als Langzeittherapie
Patienten, für die eine Herztransplantation nicht in Frage kommen, können mit einem Herzunterstützungssystem als Langzeittherapie stabilisiert werden. Diese Systeme sind heute so weit entwickelt, dass die Patienten damit zu Hause gut zurechtkommen. Ihre Lebensqualität kann sich damit deutlich verbessern. Seit Einführung dieser Systeme konnten wir in Bad Neustadt zahlreiche Patienten aus der akut stationären Behandlung in die Rehabilitation und nach Hause entlassen. Selbstverständlich sehen wir die Patienten regelmäßig zur Nachuntersuchung in der Klinik.
Wie wird das VAD/Kunstherz eingesetzt?
Wie wird das VAD/Kunstherz eingesetzt?
Der chirurgische Eingriff dauert zwischen vier und sechs Stunden. Dies hängt vom Zustand des Patienten ab. Die Operation wird von einem Herzchirurgen durchgeführt.
Die Pumpe wird über die Eröffnung des Brustkorbes in den Herzbeutel eingesetzt. Sie wird mit dem erkrankten Herz und mit der Hauptschlagader (Aorta) verbunden. Die Steuerung der Blutpumpe liegt außerhalb des Körpers und ist über eine Kabelverbindung mit der Blutpumpe im Körper verbunden. Der Betrieb erfolgt elektrisch, wahlweise über eine direkte Stromversorgung mittels Basisstation oder über wieder aufladbare Lithium-Ionen-Akkus.
Wenn der Chirurg das Herzunterstützungssystem implantiert hat, wird die Herz-Lungen-Maschine abgeschaltet und das VAD beginnt zu arbeiten. Das Gerät unterstützt die Durchblutung und übernimmt die Pumpfunktion des Herzens.
Nach der VAD-Implantation
Nach der VAD-Implantation
Nach der VAD-Operation kommen die Kunstherz-Patienten auf unsere Intensivstation. Sie werden dort für einige Tage überwacht und weiter versorgt. Wir überprüfen regelmäßig die Funktion des Herzunterstützungssystems und können so Veränderungen schnellstmöglich begegnen. Nach dem Eingriff muss der Patient in der Regel noch etwa drei Wochen im Krankenhaus bleiben. Wie schnell sich ein Kunstherz-Patient nach der Implantation des Herzunterstützungssystems erholt, hängt von seinem Zustand vor der Operation ab.
Während des Krankenhausaufenthaltes kümmert sich unser Team aus Pflege und Physiotherapie um die Kunstherz-Patienten. Es hat große Erfahrung in der Pflege von VAD-Patienten. Unser Pflegepersonal und unsere Physiotherapeuten helfen den Patienten auch dabei, allmählich wieder mobiler zu werden.
Reha nach dem Kunstherz-Eingriff
Nach dem stationären Krankenhausaufenthalt empfehlen wir unseren Patienten eine Rehabilitation, z. B. in der Klinik für kardiologische Rehabilitation auf unserem Campus. Auch hier dauert der Aufenthalt in der Regel circa drei Wochen, so dass die Patienten etwa sechs Wochen nach dem Eingriff nach Hause entlassen werden können. Ziel der Rehabilitation ist es, dem Patienten dauerhafte Mobilität und Lebensqualität zurückzugeben. Auf Wunsch übernimmt unser Sozialdienst die nötige Organisation des Rehabilitationsaufenthaltes.
Nachsorge für Kunstherz-Patienten in unserer Ambulanz
Nach der Implantation des Herzunterstützungssystems müssen die Patienten zu regelmäßigen Kontrollbesuchen in unsere Klinik kommen. Wie häufig dies erfolgen muss, bespricht der Arzt mit ihnen. In der Anfangszeit müssen die Patienten mit Kontrolluntersuchungen im Abstand von vier Wochen rechnen. Die Abstände der Kontrolluntersuchungen können später bis zu drei oder vier Monate betragen.