Operationsverfahren und Behandlungsmethoden
Operationsverfahren
5-ALA-Fluoreszenz
Mittels eines Fluoreszenzfarbstoffes ist es möglich, Tumorzellen sozusagen zu „markieren“ und während einer Operation durch Benutzung spezieller Filter im Mikroskop sichtbar zu machen. Die Tumorzellen leuchten dann unter dem Mikroskop rötlich und sind besser gegenüber dem umliegenden, gesunden Hirn abgrenzbar. Die Methode kommt in unserer Klinik standardmäßig bei allen Operationen von höhergradigen Gliomen zum Einsatz. Die Verwendung von 5-ALA-Fluoreszenz führt nachweislich zu einer höheren Rate von vollständiger Tumorentfernung und damit zu einer verbesserten Prognose für die betroffenen Patienten (Stummer et al. Lancet Oncol 2006;7:392–401).
Bilddatenfusion (MRT, CT, Ultraschall, PET, Fibertracking)
Die moderne Computertechnik erlaubt es, sämtliche Bilddaten, welche im Vorfeld einer geplanten Operation generiert werden, mittels Software zusammenzuführen. Dadurch wird es möglich, alle wesentlichen Informationen für die Operationsplanung in einem Bilddatensatz zu visualisieren. So können der operative Zugangsweg optimiert und das intraoperativ notwendige Resektionsausmaß im Voraus genau geplant werden.
Fibertracking
Fibertracking ist ein Spezialverfahren der Magnetresonanztomographie (MRT). Mittels sogenannten Diffusions-Tensor-Imaging-Datensätzen (DTI) können wichtige Faserbahnen im Gehirn sichtbar gemacht werden. Je nach Verlauf im Hirn werden die Fasern verschiedenfarbig kodiert (z.B. blau für einen Verlauf von oben nach unten, grün für einen Verlauf von vorn nach hinten).
Die wichtigsten Bahnen im Gehirn sind die sogenannte Pyramidenbahn (zuständig für die Arm- und Beinmotorik), die Sehbahn und die Verbindungsbahnen zwischen den verschiedenen Sprachzentren.
In unserer Klinik werden alle Tumore in der Nähe von funktionell wichtigen Arealen mittels Fibertracking voruntersucht. Mittels modernster Navigationssoftware ist es möglich, die Informationen über relevante Faserbahnen und -bündel für die Planung der Operation zu berücksichtigen. Hierbei kommt eine sogenannte virtuelle Realität zur Anwendung. Mittels der Software kann der operative Zugang simuliert und so modifiziert werden, dass alle wichtigen Strukturen geschont werden. So ist es möglich, das Operationsrisiko für den Patienten deutlich zu reduzieren.
Während der Operation können die Bahnen und Bündel dann mittels der Navigationssoftware dargestellt und dem Operateur auch als Headup-Display in das Mikroskopbild eingespielt werden. So wird auch während der Operation eine maximale Schonung aller wichtigen Strukturen einschließlich der Faserbahnen gewährleistet.
Intraoperative Fluoreszenzangiografie
Mittels eines speziellen Farbstoffes (Indocyaningrün, ICG), der über die Blutbahn verabreicht wird und passenden Filtern im Mikroskop kann während einer OP der Blutfluss in den Hirngefäßen sichtbar gemacht werden. Modernste Rechentechnik im Mikroskop (FLOW® 800, siehe auch https://www.zeiss.de/meditec/produkte/neurochirurgie/intraoperative-fluoreszenz/vaskular/flow-800.html ) ermöglicht zudem eine genaue Beurteilung der Durchblutung mittels Flusskarten und Flussprofilanalysen.
Intraoperative Funktionsüberwachung (Neuromonitoring)
Die intraoperative neurophysiologische Funktionsüberwachung ist ein wichtiges Hilfsmittel zur Erhöhung der Patientensicherheit bei Durchführung von Eingriffen am Gehirn und Rückenmark. In unserer Klinik kommen sämtliche modernen Verfahren, wie SEP, MEP, AEP, EMG, direkte Nervenstimulation und Mapping zur Anwendung.
Intraoperativer Ultraschall
Mithilfe des intraoperativen Ultraschalls ist es uns möglich, schnell in Echtzeit die intraoperativen Befunde, also die anatomischen aber auch die pathologischen Strukturen darzustellen. Außerdem lassen sich mit dem Ultraschall die Durchblutung des Gewebes und die Nähe von zu schonenden Gefäßen in der Umgebung eines Tumors darstellen und abschätzen, sodass der Neurochirurg die intraoperative Planung der Resektion durchführen kann.
Anwendung findet der Ultraschall bei Operationen von Hirnblutungen und AVM, der Tumorresektion am Gehirn und Rückenmarktumoren, Punktionen von zystischen Strukturen wie Abszessen sowie der Anlage von externen Ventrikeldrainagen und Shunts. Mittels Ultraschall ist es möglich, eine Tumorresektion bildgebend in Echtzeit darzustellen.
Unser Ultraschallgerät lässt sich mit unserem Navigationsgerät verbinden, sodass eine Ultraschall-gesteuerte Navigation möglich ist. Ein Vorteil vom intraoperativen Ultraschall ist, dass dieser auch Strukturen als pathologisch erkennt, wenn es zu einem sogenannten „Brain-Shift“ gekommen ist.
Intraventrikuläre Endoskopie
Die intraventrikuläre Endoskopie ist ein Schlüsseltechnologie für die Entfernung von Prozessen im Hirnkammersystem sowie für die Behandlung von bestimmten Formen des Wasserkopfes (Hydrocephalus). Über eine kleine Bohrlochtrepanation ist es möglich, auf sicherem Weg eine schmale Optik in die Hirnkammern einzubringen und eine Hirnspiegelung von innen her vorzunehmen. Gleichzeitig ist die Entfernung von krankhaften Prozessen möglich. Die Kopplung mit der Neuronavigation kann ebenso erfolgen, so dass auch aberranter Anatomie eine Orientierung gelingt.
Neuronavigation
Die Neuronavigation ist im modernen Setting integraler Bestandteil einer jeden Operation am Schädel. Das System ist vergleichbar mit einem Navigationssystem im Auto oder Flugzeug. Mittels der Software können Bilddaten des Patienten (z. B. MRT, CT, Angiografie, PET) in das Operationsfeld übertragen werden. Zudem ist durch Einbindung des Mikroskops und des Ultraschalls eine Echtzeiteinblendung dieser Bilddaten für den Operateur über ein HeadUp-Display möglich.
Rahmenbasierte Stereotaxie
Treten bei einem Patienten im CT oder MRT neue oder unklare Veränderungen auf und sollen diese weiter abgeklärt werden, kann die Indikation zur stereotaktischen Biopsie gestellt werden, wenn dies für die weitere Therapieentscheidung relevant ist. Mithilfe der stereotaktisch entnommenen Gewebeproben kann eine histopathologische Diagnose in über 95 % der Fälle sicher gestellt werden. Die Komplikationsrate für neurologische Defizite oder schwerwiegende Komplikationen liegt unter einem Prozent.
In der Operation selbst wird ein Rahmen am Kopf des Patienten befestigt und ein CT durchgeführt. Dieses wird dann mit den MRT fusioniert und anhand der Daten eine sogenannte Trajektorie durch uns geplant und die Koordinaten mittels einer Software errechnet. So wird ein möglichst schonender Zugang durch das Gewebe bis zu der Veränderung gewählt, aus der anschließend im Operationssaal mittels des angelegten Rahmens millimetergenau Proben entnommen und in die Pathologie eingesandt werden. Anschließend wird der Ring vom Kopf des Patienten wieder entfernt und die Narkose beendet.
Robotische 2D- und 3D-Bildgebung
Robotische 2D- und 3D-Bildgebung
Mit dem mobilen Bildgebungsroboter Loop-X erfolgt ein fokussierter Scan über eine Cone-Beam-Computer-Tomographie, bei dem umliegendes Gewebe vor unnötiger Strahlenbelastung geschützt wird. Es erfolgt mit dem intraoperativem Scan die schnelle Lokalisierung der Wirbelkörper, sodass mithife der Navigationseinheit im offenen oder perkutanen Verfahren Pedikelschrauben im Bereich der gesamten Wirbelsäule schnell und effektiv platziert werden können.
Robotisch-unterstützte Platzierung von Pedikelschrauben
Robotisch-unterstützte Platzierung von Pedikelschrauben
Die Planung der Trajektorie von Schrauben im Bereich der Wirbelsäule stellt in manchen Fällen einen kritischen Schritt dar. Mit dem robotischen Arm Brainlab Cirq kann dies für den Operateur eine deutliche Erleichterung darstellen.
Schlüsselloch-Kraniotomie
Die minimalinvasive Operation erfolgt über eine Schädelöffnung von der Größe einer 2-Cent-Münze. Durch intraoperative Endoskopie ist die Visualisierung von Strukturen möglich, die mittels konventioneller Mikroskopie nicht oder nur insuffizient sichtbar gemacht werden können. Das Konzept der Schlüsselloch-Kraniotomie ist ein wesentliches Grundkonzept unserer Klinik für alle Arten der operativen Behandlung im Bereich des Schädels und der Schädelbasis. Beispielhaft sind nachfolgend eine Schlüsselloch-Kraniotomie im Bereich der Augenbraue sowie eine Schlüsselloch-Kraniotomie hinter dem Ohr dargestellt.
Schlüsselloch-Kraniotomie supraorbital
Supraorbitaler Keyhole-Zugang. Schwarz umrandet die geplante Schädelöffnung. Die gestrichelte schwarze Linie markiert den Verlauf des N. supraorbitalis. Rot eingezeichnet die Schnittführung.
Beispiel eines sogenannten Planum-sphenoidale-Meningeoms.
Der Tumor ist komplett entfernt. MRT 3 Monate nach OP.
Die OP-Narbe ist nach 3 Monaten nicht mehr zu sehen.
Schlüsselloch-Kraniotomie hinter dem Ohr
Der operative Zugangsweg ist in etwa so groß wie eine 2-Cent-Münze.
Endoskopische Darstellung des Gefäß-Nerven-Konfliktes bei einer Trigeminusneuralgie. Ein Ast der oberen Kleinhirnarterie (SUCA) komprimiert den Trigeminusnerven.
Gleiches Bild wie oben in höherer Vergrößerung.
Endoskopisches Bild, nachdem die Arterie vom Nerven wegmobilisiert wurde.
Spinale Endoskopie (endoskopische Wirbelsäulenchirurgie)
Die endoskopische Technik ermöglicht ein minimalinvasives Operieren nahezu ohne Narbenbildung in anatomisch vorhandenen Kompartimenten. Dies macht den wesentlichen Vorteil der Methode im Vergleich zum klassischen mikrochirurgischen Vorgehen bei Wirbelsäulenoperationen aus.
Die Technik der endoskopischen Behandlung von degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen (Bandscheibenvorfall, Wirbelkanalverengung) hat in den letzten Jahren eine deutliche Perfektionierung erfahren. In unserer Klinik werden nahezu alle Bandscheibenvorfälle und ein Großteil der Spinalkanalstenosen mittels der rein endoskopischen Technik entweder durch das Nervenaustrittsloch (Neuroforamen) oder das Fenster zwischen den Wirbelbögen (interlaminär) versorgt.
Spinale Navigation
Die Technik ermöglicht, ähnlich der Navigation am Schädel, eine fortlaufende Orientierung bei Wirbelsäulenoperationen. Insbesondere bei komplexer oder aberranter Anatomie (z.B. bei Tumorbefall) ist die Navigation ein wichtiges Hilfsmittel für die Durchführung von komplexen spinalen Eingriffen. Die spinale Navigation gehört genau wie die kranielle Navigation zur Standardausrüstung eines modernen neurochirurgischen Operationssaals.
Transkranielle Dopplersonografie
Mit der transkraniellen Dopplersonografie ist es aufgrund des Dopplereffektes möglich, durch die Höhe der Flussgeschwindigkeit Rückschlüsse auf das Gefäßlumen zu ziehen. Ist die Flussgeschwindigkeit niedrig, ist das Gefäßlumen in aller Regel normal weit. Ist die Flussgeschwindigkeit hoch oder steigt diese sprunghaft an, deutet dies auf eine „Engstellung“ der Gefäße hin.
Die Dopplersonografie kann auch natürlich dann unter sterilen Kautelen mit einer speziellen Sonde intraoperativ direkt am Gefäß angewendet werden. So kann man die Durchblutung eines Gefäßes nach Clipping eines Aneurysmas verifizieren.
Transnasale Endoskopie
Mittels der vollendoskopischen transnasalen OP-Technik ist es möglich, Prozesse im Bereich der vorderen Schädelbasis und der Sellaregion minimalinvasiv zu versorgen. Hierzu gehören u.a. Hypophysenadenome, Kraniopharyngeome, Zysten und Meningeome. Der Vorteil der Technik liegt vor allem darin, dass die Endoskopie einen Rundumblick in der Tiefe gestattet. Dies ermöglicht die genaue Visualisierung von krankhaftem Gewebe auch in schwer zugänglichen Bereichen. In Koppelung mit der Neuronavigation können auch komplexe Pathologien präzise lokalisiert und adäquat therapiert werden.
MRT mit Nachweis eines großen zystischen Tumors, in diesem Falle ein sogenanntes Kraniopharyngeom.
MRT nach der Operation. Der Tumor konnte allein durch die Nase komplett entfernt werden.
Behandlungsmethoden
Tumortherapiefelder zur Behandlung von Glioblastomen
Tumortherapiefelder zur Behandlung von Glioblastomen
Die Behandlung mit Tumortherapiefeldern (TTF) ist eine etablierte, nicht-medikamentöse Krebstherapie für Patientinnen und Patienten mit einem neu diagnostizierten oder rezidivierenden Glioblastom. Beim neu diagnostizierten Glioblastom wird TTF in der Regel nach der Operation und Bestrahlung, in Kombination mit der Erhaltungschemotherapie, angewendet. Die Therapie beruht auf dem Einsatz von elektrischen Wechselfeldern, sogenannten Tumortherapiefeldern (TTFields), die den Zellteilungsprozess (Mitose) stören und so gezielt das Tumorwachstum hemmen, ohne dabei die gesunden, ruhenden Zellen zu schädigen.
Tumortherapiefelder werden über sogenannte Transducer Arrays abgegeben. Hierbei handelt es sich um speziell entwickelte Keramikgelpads, die direkt auf der Kopfhaut platziert werden. Ein kleines, tragbares Gerät, das entweder über einen Akku oder an der Steckdose betrieben werden kann, erzeugt die elektrischen Wechselfelder mit niedriger Intensität und intermediärer Frequenz.
Welche Vorteile hat eine Behandlung mit TTF?
TTF ist eine ambulante Therapie. Auch der Therapiestart sowie die Einweisung in die Verwendung der Therapie erfolgt normalerweise zu Hause. Das Gerät kann in einer Tasche oder einem Rucksack mitgeführt werden, wodurch die Patientinnen und Patienten mobil bleiben und ihren Alltagsaktivitäten wie gewohnt nachgehen können. Durch die nicht-invasive, lokale Anwendung ist Optune nebenwirkungsarm; einzig beobachtete Nebenwirkung sind leichte bis moderate Hautreizungen, die sich aber gut behandeln lassen.
Vorteile im Ãœberblick:
- Verlängert das Überleben signifikant
- Ambulante Behandlung
- Gut in den Alltag integrierbar
- Nicht-invasive und lokale Behandlung
- Nebenwirkungsarm