VON DEN STERNEN AUF DAS

Land

Telemedizin, also die Möglichkeit, medizinische Informationen über eine große Entfernung hinweg auszutauschen und zu nutzen, ist keine neue Erfindung. Ursprünglich war sie dazu gedacht, Menschen zu helfen, die in weit entfernten Regionen leben und arbeiten – wie Polarforscher im ewigen Eis oder Astronauten auf einer Raumstation.

Dank Vernetzung und der Entwicklung einfach zu bedienender Informationstechnologien ist die Telemedizin längst in unserem alltäglichen Leben angekommen. „Smarte“ Armbanduhren lesen Puls und Blutdruck, Handy-Apps helfen uns bei der Nahrungsauswahl und geben Tipps für gesündere Lebensweisen. In der modernen Medizin wird die Lockerung des ärztlichen Fernbehandlungsverbots seit dem Jahr 2018 zukünftig weitere Behandlungsoptionen zwischen Arzt und Patienten ermöglichen – vor allem in ländlichen Regionen.


„Am RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt nutzen wir telemedizinische Verfahren in allen Bereichen, von der Präklinik über die stationäre Patientenbehandlung bis hin zur Nachsorge – vom Notfallort bis hin zur Einlieferung, über die Behandlung in unserem Haus und auch in der ambulanten Nachsorge“, erläutert Dr. Soda. Er leitet am Campus Bad Neustadt die Abteilung für Akutneurologie II und Stroke Unit, die bereits seit langem telemedizinische Verfahren anwendet.


Informationen austauschen – wertvolle Zeit gewinnen

Besteht bei einer Person etwa der Verdacht auf einen Schlaganfall, senden die Rettungssanitäter bereits im Rahmen ihrer Behandlung medizinische Daten und auch Videos des Patienten an den Campus Bad Neustadt. Die Kollegen dort können die Vitalparameter und Bewegungsmuster des Patienten ohne Zeitverlust analysieren. „Noch bevor der Patient die Schwelle der Zentralen Notaufnahme überschreitet, können unsere Ärzte sowie das Pflegepersonal gezielt medizinische Maßnahmen vorbereiten. Dadurch gewinnen wir wertvolle Zeit, die im Notfall lebensrettend sein kann“, beschreibt Dr. Soda die Vorteile der elektronischen Datenübermittlung.


Sobald der Patient am Campus eintrifft, sorgt Telemedizin für eine reibungslose Organisation der Behandlung. Elektronische Patientenakten helfen dabei, dass wichtige medizinische Informationen schnell erfasst und an allen relevanten Orten verfügbar sind. „Die umfangreiche Digitalisierung hilft uns dabei, die Zeiträume unserer Behandlungsschritte deutlich zu verkleinern“, zeigt sich Dr. Soda erfreut. „Früher konnten von der Landung eines Rettungshubschraubers bis zur ersten computertomografischen Aufnahme eines Patienten bis zu 30 Minuten vergehen. Durch die vorbereitenden Informationen der Rettungsdienste sowie der elektronischen Verwaltung der Patientendaten liegt die Dauer heute bei nur noch rund zehn Minuten.


Auch nach der stationären Entlassung, in der Rehabilitationsphase sowie bei der Inanspruchnahme von ambulanten Dienstleistungen zu Hause unterstützt die Telemedizin Fachpersonal und Patienten, indem sie Prozesse vereinfacht und so mehr Zeit für die persönliche Betreuung schafft.


„Patienten profitieren von geringeren Wartezeiten und
einem breiteren medizinischen Angebot –
auch auf dem Land.“

Dr. Hassan Soda, Leitender Arzt Akutneurologie II/Stroke Unit

Ein weiterer Baustein in der Anwendung moderner telemedizinischer Verfahren ist die Vernetzung von Kliniken untereinander. Der überregionale Datenaustausch ermöglicht es beispielsweise Mitarbeitern von Kliniken ohne neurologische Fachabteilung, Bilder, Videos und Daten zu teilen, sich online mit Kollegen auszutauschen und Behandlungsempfehlungen zu erhalten. So können deutlich schneller die passenden medizinischen Maßnahmen eingeleitet werden.


Technik, die dem Menschen dient

Von Bedeutung für Dr. Soda ist, dass Telemedizin nicht nur einen Selbstzweck darstellt oder gar das persönliche Verhältnis von Arzt und Patient ersetzt. „Die Technik hilft Ärzten, Pflegepersonal und Verwaltung dabei, organisatorischen Aufwand zu verringern und Abläufe effizienter zu gestalten“, erklärt er. „Davon profitieren Patienten durch Zeitersparnis, ein breiteres medizinisches Angebot auch in weniger besiedelten Gegenden und die Sicherheit, auch im Notfall stets die bestmögliche Behandlung zu erhalten.“


Mit der Ausweitung seiner telemedizinischen Angebote für Patienten, Mitarbeiter und Kollegen stößt der RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt die Tür in die Zukunft der Medizin weit auf. Und dazu muss man nicht einmal in einer Raumstation schweben. Es reicht schon, auf dem Land zu wohnen.