En​do​pro​the​se? Klar!

Radfahren stärkt nicht nur das Herz-Kreislauf-System. Es trainiert außerdem die Muskeln und senkt den Blutdruck: Prof. Dr. Andre Steinert, Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie, Schulterchirurgie, Endoprothetik, erklärt, warum es auch die Haltbarkeit des Gelenkersatzes (Endoprothese) verlängert.

Prof. Dr. med. Andre Steinert

1. Sport ist gesund – gilt das auch für Menschen mit künstlichen Gelenken, wie Hüft- oder Kniegelenk-Implantaten? Klares Ja. Das oberste Ziel solcher Operationen ist die Verbesserung der Lebensqualität unserer Patienten. Mit einem neuen Gelenk können sich die Menschen wieder schmerzfreier bzw. besser bewegen. Mehr Bewegung hilft dem ganzen Körper insbesondere dem Herz-Kreislauf-System und auch der Seele.
2. Welche Sportarten sind für Menschen mit Gelenkersatz besonders geeignet? Radfahren, Schwimmen, Nordic Walking, aber auch Wandern und Tanzen sind sehr zu empfehlen. Wichtig ist eine gleichförmige Bewegung. Abrupte Bewegungen und Stoßbelastungen wie bei Stop-and-go-Sportarten sollten vermieden werden.
3. Fahrradfahren gilt als gelenkschonend. Worauf müssen Betroffene bei der Radauswahl und beim Fahren achten? Radfahren ist gelenkschonend, weil das Fahrrad das Körpergewicht trägt. Beim Treten wird das Knie gleichförmig mittels Muskelkraft ohne Gelenkbelastung bewegt. Sowohl die Muskeln auf der Knievorderseite als auch auf der Knierückseite werden trainiert. Optimal ist ein Rad mit einem tiefen (Damen-)Einstieg. Den Sattel anfangs so weit nach oben stellen, dass die Füße gerade noch den Boden erreichen. So wird das operierte Knie geschont.
4. Welche Bewegungsformen sind kurz nach der OP erlaubt? Noch während des Klinikaufenthaltes trainieren unsere Patienten schon wieder beschwerdeorientiert das Laufen mit Gehhilfen und das Radeln auf Heimtrainern.
5. Wie viel Radfahren darf man sich am Anfang zumuten? Das hängt ab von Alter, Allgemein- und Trainingszustand, Körpergewicht etc. Lieber am Anfang mehrere kleine Einheiten, z. B. zehn Minuten am Tag, vielleicht wiederholen und die Einheiten langsam steigern. Das Ziel: sich jeden Tag bewegen.
6. Wie fährt es sich jetzt am besten? Langsam aufsteigen, gleichförmig treten, nicht abrupt abbremsen und kontrolliert absteigen, nicht abspringen. Um mittlere Tretwiderstände zu erreichen, lieber mal am Berg runterschalten.
7. Sind Querfeldeinfahrten und Berge erlaubt? Allgemein gilt: Erschütterungen sollten reduziert und Stürze vermieden werden. Allerdings: Wer vorher schon gut trainiert darin war, wird das auch mit Gelenkersatz nach der Rehabilitation wieder erreichen können.
8. Ist Schmerz beim oder nach dem Fahren tolerierbar? Nein, denn Schmerz ist ein Warnsignal. Besser den Hausarzt zurate ziehen, der im Zweifel an den Orthopäden oder Operateur verweisen kann.
9. Kann Radfahren die Haltbarkeit der Gelenkprothese verlängern? Vor Jahren hieß es, ein Gelenkersatz halte 15 bis 20 Jahre, abhängig von Körpergewicht, Operationstechnik, Material, etc. Mittlerweile kann er auch deutlich länger „durchhalten“. Das hängt mit dem verbesserten Material, den individuelleren OP-Methoden sowie der Bewegungsfreude der Patienten zusammen. Und ja, in der Tat schützt ein starker Muskelmantel das Gelenk am besten und unterstützt eine lange Haltbarkeit.